Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 26./27. Oktober 2006

Keine Schülerstatistik ohne Datenschutz

Seit einigen Jahren arbeitet die Kultusministerkonferenz an der Einführung eines bundesweit einheitlichen Schulstatistiksystems, in dem weit über das bisherige Maß hinaus Daten aus dem Schulbereich personenbezogen verarbeitet werden sollen. Es soll auf Landesebene in einer Datei für jede Schülerin und jeden Schüler sowie für jede Lehrerin und jeden Lehrer für das gesamte „Schulleben“ ein umfangreicher Datensatz angelegt werden. Hierzu erhält jede Person eine Identifikationsnummer, was auf ein pseudonymisiertes Register hinausläuft. Die Länderdateien sollen überdies zu einer bundesweiten Datenbank zusammengefasst werden. Die spätere Ergänzung des Schülerdatensatzes mit so genannten sozialökonomischen Daten über das Elternhaus sowie eine Einbeziehung der Kindergarten- und Hochschulzeit ist beabsichtigt. Eine präzise und einheitliche Zweckbestimmung lässt sich den bisherigen Äußerungen der Kultusministerkonferenz nicht entnehmen.

In datenschutzrechtlicher Hinsicht sind folgende Vorgaben zu beachten:

Wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, ist eine Totalerhebung nur zulässig, wenn der gleiche Erfolg nicht mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreicht werden kann. Im Hinblick auf die bereits gewonnenen Ergebnisse aus stichprobenartigen und weitgehend auf Freiwilligkeit beruhenden wissenschaftlichen Untersuchungen (wie PISA, IGLU oder TIMSS) erscheint die Notwendigkeit der geplanten Einrichtung eines bundesweiten zentralen schüler- bzw. lehrerbezogenen „Bildungsregisters“ nicht dargetan. Ein solches Register wäre ein nicht erforderlicher und damit unverhältnismäßiger Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht.

Deshalb fordern die Datenschutzbeauftragten von der Kultusministerkonferenz bei diesem Vorhaben nachdrücklich den Verzicht auf eine ID-Nummer. Jede Möglichkeit einer Reidentifizierung von Individualdatensätzen ist durch geeignete Verfahren auszuschließen (kein schüler- oder lehrerbeziehbares Bildungsregister!).

Im übrigen sind folgende verfassungsrechtliche Vorgaben und Grenzen unabdingbar:

  • Der Umfang des Erhebungsprogramms ist auf den für die Statistikzwecke dienlichen Umfang zu beschränken.
  • Bei allen Festlegungen sind die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu beachten.
  • Bei der Datenverarbeitung ist das Gebot der personellen, organisatorischen, räumlichen und verfahrensmäßigen Trennung von Verwaltungsvollzug und Statistik einzuhalten und das Statistikgeheimnis zu gewährleisten.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder begrüßt, dass Schulministerien in mehreren Ländern das bisherige, datenschutzrechtlich bedenkliche Konzept nicht mehr weiter verfolgen, und strebt dies auch als Gesamtergebnis der mit der Kultusministerkonferenz zu führenden Gespräche und des angekündigten Workshops an.