Entschließung der 83. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 21./22. März 2012 in Potsdam

Europäische Ermittlungsanordnung darf Grundrechtsgarantien nicht aushebeln
Zurzeit wird auf europäischer Ebene der Entwurf einer Richtlinie über die Europäische
Ermittlungsanordnung in Strafsachen beraten. Diese hat massive Auswirkungen
auf den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger in den EU-Mitgliedstaaten.
Sie kann dazu führen, dass der verfahrensrechtliche Schutzstandard bei strafprozessualen
Maßnahmen europaweit auf niedrigstes Niveau abgesenkt wird. So kann
sie etwa zur Folge haben, dass ein Mitgliedstaat für einen anderen Daten oder Beweismittel
erhebt und diesem übermittelt, obwohl die Erhebung nach eigenem Recht
nicht zulässig wäre.
Der Richtlinienentwurf verfolgt vorrangig das Ziel einer weitgehenden gegenseitigen
Anerkennung von Eingriffsentscheidungen der Strafverfolgungsbehörden, ohne dass
einheitliche Verfahrensgarantien geschaffen werden. Dies wirft Probleme auf, wenn
der Anordnungsstaat niedrigere Schutzstandards aufweist als der Vollstreckungsstaat.
Die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, eine entsprechende Anordnung eines
anderen Mitgliedstaates zurückzuweisen, sind nicht immer ausreichend. Eingriffsschwellen,
Zweckbindungs- und Verfahrensregelungen müssen gewährleisten, dass
die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gewahrt werden.
Eine effektive grenzüberschreitende Strafverfolgung im vereinten Europa darf nicht
zu Lasten des Grundrechtsschutzes der Betroffenen gehen. Die Anforderungen der
EU-Grundrechte-Charta sind konsequent einzuhalten. Die Europäische Ermittlungsanordnung
muss in ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Datenerhebung und -verwendung im Bereich der inneren Sicherheit und der Strafverfolgung eingebettet werden, das die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet.