Stuttgart, 08. April 2011

Pressemitteilung

Herausforderungen im Datenschutz für die neue Landesregierung
Landesdatenschutzbeauftragter kritisiert Speicherwut auf europäischer Ebene

 

„Die Europäische Kommission zeigt sich in Datenschutzfragen sehr gespalten“, kommentierte der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Jörg Klingbeil, aktuelle Presseverlautbarungen aus Brüssel. „Einerseits droht die Kommission mit einem erneuten Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, weil in Deutschland das Urteil zur völligen Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten in den meisten Ländern noch nicht umgesetzt sei, was für Baden-Württemberg aber nicht zutrifft. Andererseits will die Kommission die geplante Richtlinie zur Speicherung von Fluggastdaten auf Vorrat offenbar nun auch auf alle innereuropäischen Flüge ausdehnen. Die EU-Innenminister unterstützen diese Pläne bereits.“ Hier erwartet Klingbeil von der neuen Landesregierung, dass diese sich für den Schutz der Individualgrundrechte, wie er durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, aber auch im Lissaboner Vertrag deutlich verankert wurde, auf Bundesebene und auf europäischer Ebene mit Nachdruck einsetzt.

Klingbeil erinnerte daran, dass die Überlegungen, alle möglichen Fluggastdaten bei Start oder Landung eines Fluges über die EU-Außengrenzen bis zu fünf Jahren zu speichern, bereits von den Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern und zuvor vom Europäischen Datenschutzbeauftragten als unbegründet und überzogen zurückgewiesen wurden. Erfreulicherweise habe sich auch der Bundesrat sehr kritisch zu den Plänen der Kommission geäußert. Umso bemerkenswerter, aber auch erschreckender sei es nun, dass mehrere Mitgliedsstaaten und die Kommission sogar noch darüber hinausgehen und die Vorratsspeicherung von Fluggastdaten auch auf innereuropäische Flüge ausdehnen wollen. Einige EU-Mitgliedsstaaten hätten sogar vorgeschlagen, Bahn- und Schiffsreisende zu registrieren. „Der gläserne Verkehrsteilnehmer ist nicht mehr fern“, prophezeite Klingbeil. Die neue Landesregierung müsse sich daher auch daran messen lassen, wie sehr sie sich für die Bürgerrechte einsetzt.