Stuttgart, 3. Dezember 2010

Pressemitteilung
„Rote Linie“ des Bundesinnenministers und Datenschutz-Kodex des BITKOM weisen erhebliche Defizite auf Gesetzgeber darf den Schutz der Privatsphäre nicht den Kräften des Marktes überlassen

 

Die am 1. Dezember 2010 vorgestellten Vorschläge des Bundesinnenministers und des Branchenverbands BITKOM sind für einen wirksamen Schutz vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Geodatendienste im Internet unzureichend. Diese Einschätzung vertritt der baden-württembergische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Jörg Klingbeil. Zwar sei der Verzicht auf ein Einzelfallgesetz zugunsten eines umfassenden Regelungsansatzes zu begrüßen. Dies dürfe jedoch nicht dazu führen, dass der Schutz vor Rechtsverletzungen unangemessen minimiert wird. Insbesondere greife der geplante Gesetzentwurf des Bundesinnenministers zu kurz, indem er ausschließlich einen Schutz vor besonders schweren Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht vorsieht. Auch Rechtsverletzungen von geringer oder mittlerer Intensität dürften nicht unsanktioniert bleiben, erklärte der Landesdatenschutzbeauftragte. Je nach dem Kontext der Veröffentlichung können auch einzelne und zunächst belanglos erscheinende Daten, wie etwa das Kfz-Kennzeichen, für den Betroffenen höchst unangenehme Folgen haben.

Verbesserungsbedarf sieht Jörg Klingbeil auch beim sog. Datenschutz-Kodex des BITKOM für Geodatendienste. Bereits der Anwendungsbereich der darin enthaltenen Selbstverpflichtungserklärung sei zu eng, denn sie gelte allein für Dienste, die Panoramaansichten aus der Straßenperspektive zum Gegenstand haben. Diese Beschränkung lasse unberücksichtigt, dass von Luft- und Satellitenbildern eine vergleichbare Gefährdung ausgehen könne. Zu kritisieren sei überdies, dass der Kodex keinen Vorabwiderspruch dagegen vorsehe, dass die Bildaufnahmen überhaupt ins Internet eingestellt werden. Ein nachträglicher Widerspruch sei nicht hinreichend wirksam, da die einmal veröffentlichten Daten leicht zu verbreiten und der Verfügungsgewalt des Betroffenen endgültig entzogen sind. Der Kodex ermögliche zudem die einjährige Speicherung unverpixelter Rohdaten. Zwar wollten sich die Diensteanbieter zur sicheren Verwahrung dieser Rohdaten verpflichten, dennoch bestehe das Risiko, dass Unbefugte von diesen Daten Kenntnis erlangen. Dies gelte insbesondere, wenn Diensteanbieter die Rohdaten außerhalb der Europäischen Union verarbeiten. Schließlich könne der Kodex bereits aufgrund der Freiwilligkeit der darin enthaltenen Verpflichtungen keinen hinreichenden Schutz vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen bieten. Den Diensteanbietern bleibe es schließlich ungenommen, dem Kodex nicht beizutreten. Zudem könne die staatliche Datenschutzaufsicht Verstöße gegen den Kodex nicht sanktionieren. Um die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen effektiv zu schützen, wäre daher eine gesetzliche Regelung wesentlich besser geeignet, so der Landesdatenschutzbeauftragte abschließend. Der Gesetzgeber dürfe den Schutz der Privatsphäre nicht den Kräften des Marktes überlassen.