Das Verfahren zum Erlass von Bauleitplänen ist aufwändig und kompliziert. Kein Wunder, dass Kommunen peinlich darauf bedacht sind, jeden erdenklichen Verfahrensfehler auszuschließen, der letztlich das Projekt zum Scheitern bringen könnte. Dem lag auch die verständliche und lobenswerte Absicht einer Stadt zugrunde, um deren Fall es im Folgenden ging:

Eine Stadt beabsichtigte, ein Gewerbegebiet zu entwickeln. Zu diesem Zweck leitete sie ein Bebauungsplanverfahren ein. Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung äußerten sich zahlreiche Bürger zu dem Vorhaben. Mit den Planunterlagen stellte die Stadt diese Stellungnahmen dann einschließlich Namen und Adressen, teilweise sogar mit E-Mail-Adresse, auf ihre Homepage ins Internet. Einzelne Betroffene beschwerten sich daraufhin bei uns und meinten, die Stellungnahmen hätten zumindest auch ohne die Identifikationsdaten veröffentlicht werden können. Das sahen wir auch so.

Schriftlich wandten wir uns an die Stadt und legten unsere Rechtsauffassung dar, wonach eine personenbezogene Veröffentlichung der Stellungnahmen datenschutzrechtlich unzulässig sei. Wir begründeten dies wie folgt:

„Zweifelsfrei stellt die Veröffentlichung personenbezogener Daten durch die Stadt Weinheim eine Verarbeitung im Sinne des Artikels 4 Nummer 2 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) dar. Sie wäre nur zulässig, wenn es hierfür eine eindeutige Rechtsgrundlage gäbe. Eine solche müsste gemäß Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe c und e DS-GVO Bundes- oder Landesrecht entnommen werden können. Naheliegend wäre hier, eine solche Rechtsgrundlage im Baugesetzbuch (BauGB) zu finden. Dies ist indes nicht der Fall. Der aus unserer Sicht allein in Betracht kommende § 3 BauGB sieht jedenfalls keine solche namensbezogene Veröffentlichungsbefugnis privater Stellungnahmen vor, wie dies etwa in § 73 Absatz 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes geregelt ist. Diesbezüglich weisen wir auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hin (Kammerbeschluss vom 24. Juli 1990 – 1 BvR 1244/87 –, juris; ebenso: VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 16. Novem-
ber 2015 – 4 K 1000/14.NW –, juris), wonach die Wiedergabe persönlicher Daten der Einwender gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstößt (BVerfG: „Bei der Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang personenbezogene und nichtanonymisierte Daten der Beschwerdeführer in den Planfeststellungsbeschluss … aufzunehmen und mit diesem öffentlich zu verbreiten waren, musste deshalb dem Gehalt, der Bedeutung und der Tragweite des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung getragen werden. … Bei einer solchen Bekanntmachung, die die intensivste Form einer Übermittlung personenbezogener Daten darstellt, handelt es sich datenschutzrechtlich um eine Datenübermittlung „auf Vorrat“.“). Für den Bereich der Bauleitplanung gilt dies entsprechend.“

Die Stadt hielt dem entgegen, Datenschutz habe gegenüber den – auch europarechtlich vorgegebenen – Transparenzerfordernissen in der Bauleitplanung zurückzutreten. Die der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Unterlagen müssten eine umfängliche inhaltliche Auseinandersetzung und Würdigung der Stellungnahmen zulassen. Insbesondere dürfe eine Anonymisierung nicht zur Qualitätsminderung vorliegender Umweltinformationen führen, weil lediglich erkennbar sei, was geäußert wurde, aber nicht durch wen und mit welchem räumlichen Bezug. Es müsse vermieden werden, dass eine „überschießende Beachtung des Datenschutzes“ zu Verfahrensfehlern führe.

Abgesehen davon, dass eine umfängliche inhaltliche Auseinandersetzung und Würdigung der Stellungnahmen ausschließlich Sache des Trägers der Bauleitplanung ist, überzeugt die Auffassung der Stadt jedenfalls nicht, soweit es um Stellungnahmen von Privatpersonen geht. Nach der Argumentation der Stadt müsste der Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben werden, private Stellungnahmen zu kommentieren. Aus § 3 Absatz 2 BauGB lässt sich das kaum herauslesen. Zudem reicht es für das von § 3 Absatz 2 BauGB bezweckte Bewirken eines Anstoßes aus, wenn diejenigen Umweltinformationen, die in den verfügbaren Stellungnahmen behandelt werden, schlagwortartig so zusammengefasst und charakterisiert werden, dass interessierten Bürgern eine umfassende Information darüber gegeben wird, welche Umweltauswirkungen die Realisierung des aufgelegten Bebauungsplans haben kann (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. April 2016 – OVG 10 A 9.13 –, juris).

Da der gegenständliche Fall ein Problem betrifft, das von allgemeinem Interesse ist, haben wir das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg als oberste Baurechtsbehörde des Landes um seine Meinung ersucht. Im Ergebnis wurde unsere Rechtsauffassung vollumfänglich bestätigt. Auch das Wirtschaftsministerium sieht die Gemeinden weder verpflichtet noch berechtigt, die Stellungnahmen von Bürgerinnen und Bürgern namensbezogen und mit Adresse oder gar weiterer persönlicher Daten im Internet einzustellen. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, inwiefern die personenbezogene Veröffentlichung der Stellungnahmen die Qualität des Abwägungsergebnisses vermindern könnte.

Mit diesem Ergebnis haben wir uns erneut an die Stadt gewandt und sie aufgefordert, künftig auf die personenbezogene Veröffentlichung von Stellungnahmen privater Personen im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens abzusehen.

Auch in Planungsverfahren ist der Datenschutz zu beachten. Planungsrechtliche Vorschriften stehen grundsätzlich nicht über den Schutzvorschriften der Datenschutz-Grundverordnung. Der Geltungsvorrang des europäischen Rechts entfällt allenfalls dann, wenn aufgrund entsprechender Öffnungsklauseln europarechts- und verfassungskonform Abweichendes geregelt ist. Das Baugesetzbuch enthält für das Bauleitplanverfahren keine diesbezüglichen ausdrücklichen Regelungen.

Diesen Beitrag finden Sie auch in unserem 34. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz unter
https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2019/02/LfDI-34.-Datenschutz-T%C3%A4tigkeitsbericht-Internet.pdf