Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 26./27. Oktober 2006

Das Gewicht der Freiheit beim Kampf gegen den Terrorismus

Seit dem 11. September 2001 wandelt sich der Staat immer mehr zu einem Präventionsstaat, der sich nicht darauf beschränkt, Straftaten zu verfolgen und konkrete Gefahren abzuwehren. Der Staat verlagert seine Aktivitäten zunehmend in das Vorfeld der Gefahrenabwehr. Sicherheitsbehörden gehen der abstrakten Möglichkeit von noch nicht einmal geplanten Taten nach. Immer mehr Daten werden auf Vorrat gesammelt und damit eine Vielzahl unverdächtiger Menschen erfasst. Auch unbescholtene Bürgerinnen und Bürger werden als Risikofaktoren behandelt, ohne dass diese dafür Anlass gegeben haben. Dieses neue Verständnis von innerer Sicherheit führt zu gravierenden Einschränkungen der Freiheitsrechte. Beispiele sind die von der Europäischen Union beschlossene Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten oder die im Jahr 2002 verfassungswidrig durchgeführten Rasterfahndungen.

In diesem Zusammenhang ist auch der „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes“ kritisch zu bewerten. Die ursprünglich zur Terrorismusbekämpfung geschaffenen Befugnisse werden immer weiter ausgedehnt und nicht mehr nur auf Terrorverdächtige beschränkt.

Bei allen Gesetzen und Maßnahmen zur Terrorbekämpfung stellt sich die Frage nach deren Eignung und Verhältnismäßigkeit. Mehr Überwachung führt nicht automatisch zu mehr Sicherheit, aber stets zu weniger Freiheit. Es gibt keine absolute Sicherheit.

Die verfassungsrechtlich notwendige wissenschaftliche Evaluation der bisherigen Vorschriften zur Terrorismusbekämpfung durch eine unabhängige Stelle fehlt bislang. Der „Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes“ ist keine vollwertige Evaluation der bisherigen Vorschriften. Damit steht sowohl die Notwendigkeit einer Verlängerung als auch die Erforderlichkeit der Schaffung neuer Befugnisse in Zweifel.

Zunehmende Befugnisse verlangen nach zusätzlichen Kontrollen. Daher ist es unerlässlich, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Befugnissen der Sicherheitsbehörden und den Kompetenzen der Kontrollorgane zu schaffen. Insbesondere müssen die Handlungsmöglichkeiten der parlamentarischen Kontrollorgane entsprechend ausgestaltet sein.