Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 28./29. September 2011

Datenschutz als Bildungsaufgabe

Ein großer Teil der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und persönlichen Aktivitäten findet mittlerweile im Internet statt. Millionen von Bürgerinnen und Bürgern nutzen seine Möglichkeiten und gehen dabei auch besondere Risiken ein, ohne dass ihnen dies immer bewusst wäre. Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch erwachsene Internetnutzerinnen und -nutzer werden von der digitalen Welt zunehmend überfordert.

Vielen sind die Grundlagen, Funktionsbedingungen und wirtschaftlichen Spielregeln des Internet nicht oder nur zum Teil bekannt. Die meisten Internetnutzerinnen und nutzer haben außerdem den Überblick darüber verloren, wer wann und zu welchem Zweck welche Daten von ihnen speichert, sie mit anderen Datensätzen verknüpft und ggf. auch an Dritte weitergibt. Wer aber nicht weiß, was mit seinen Daten geschieht oder geschehen kann, kann auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht nicht effektiv ausüben.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, muss der Datenschutz auch als Bildungsaufgabe verstanden und praktiziert werden. Es genügt nicht, allein auf rechtliche Regelungen sowie auf datenschutzfreundliche technische Voreinstellungen und Anwendungen zu setzen. Die digitale Aufklärung ist unverzichtbar als Teil einer Datenschutzkultur des 21. Jahrhunderts. Sie beinhaltet zum einen die Vermittlung von Wissen und zum anderen die Entwicklung eines wachen, wertebezogenen Datenschutzbewusstseins.

So wie Bildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, so ist auch die Bildung im Hinblick auf die Datenschutzfragen unserer Zeit eine Aufgabe, die nicht nur dem Staat, sondern ebenso der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft wie auch den Eltern im Verhältnis zu ihren Kindern obliegt.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder begrüßt deshalb und unterstützt vielfältige Überlegungen und Aktivitäten, die sich stärker als bisher um eine größere Datenschutzkompetenz der Internetnutzenden bemühen.

Die Datenschutzkonferenz hält die bisherigen Bemühungen allerdings noch nicht für ausreichend. Will man die Internetnutzerinnen und -nutzer dazu befähigen, Vorteile und Gefahren von Internetangeboten abzuwägen und selbstverantwortlich zu entscheiden, in welchem Umfange sie am digitalen Leben teilhaben wollen, sind weitergehende und nachhaltige Anstrengungen notwendig. Vor allem ist sicherzustellen, dass

  1. dabei viel intensiver als bisher die Möglichkeiten des Selbstdatenschutzes, der verantwortungsvolle Umgang mit den Daten anderer und die individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer leichtfertigen Nutzung des Internets thematisiert werden,
  2. sich die schulischen und außerschulischen Programme und Projekte zur Förderung von Medienkompetenz nicht auf Fragen des Jugendmedienschutzes und des Urheberrechts beschränken, sondern den Datenschutz als wesentlichen Bestandteil mit einbeziehen,
  3. Medien- und Datenschutzkompetenz entweder in einem eigenständigen Schulfach oder in einem Fächerspektrum mit Leitfächern verpflichtend zu verankern ist,
  4. die Vermittlung von Datenschutz als integraler Bestandteil von Medienkompetenz ausdrücklich in den Bildungsstandards und Lehrplänen verankert wird und dass die entsprechenden Anforderungen bewertungs- bzw. prüfungsrelevant ausgestaltet werden und
  5. Medien- und Datenschutzkompetenz und insbesondere die digitale Aufklärung zum verbindlichen Gegenstand der Lehrerausbildung gemacht werden.

Digitale Aufklärung und Erziehung zum Datenschutz bestimmen letztlich auch über den Stellenwert, den Privatsphäre und Persönlichkeitsrecht und damit Menschenwürde und Demokratie künftig in der internetgeprägten Gesellschaft insgesamt haben werden.