Immer wieder erreichen den Landesbeauftragten Anfragen zu bestimmten Themen, einige der Themen werden in den jährlich erscheinenden Tätigkeitsberichten besprochen. Von Zeit zu Zeit koppeln wir künftig einzelne Beiträge aus und stellen sie gesondert vor. Folgend ein Beitrag auf dem 38. Tätigkeitsbericht Datenschutz aus dem Jahr 2022. Passend zum Auftakt beginnt der Beitrag mit „Bereits mehrfach haben wir uns in der Vergangenheit mit dem Thema …“ – lesen Sie selbst:

Alle Jahre wieder: die Hundebestandsaufnahme

Bereits mehrfach haben wir uns in der Vergangenheit mit dem Thema „Hundebestandsaufnahme“ beschäftigt. Nach wie vor ist es nicht zulässig, zum Zwecke der Hundesteuerfahndung sämtliche Einwohner_innen einer Gemeinde „auf freiwilliger Basis“ dazu zu befragen, ob ein Hund gehalten wird (vgl. dazu schon unseren 30. Tätigkeitsbericht, S. 116 f.).

Ist eine Hundesteuer durch kommunale Satzung festgelegt, ist es selbstverständlich Aufgabe der Gemeinde, für deren gleichmäßige Erhebung zu sorgen. Die Frage ist nur, mit welchen Mitteln sie diese gleichmäßige Erhebung erwirken kann und darf. Bereits in der Vergangenheit haben wir uns mit der sogenannten „Hundebestandsaufnahme“ beschäftigt. Gemeint ist das Vorgehen einer Gemeinde, entweder selbst oder durch Beauftragung Dritter sämtliche Haushalte der Gemeinde dahingehend zu überprüfen, ob ein Hund gehalten wird. Dazu wird an jeder Haus- oder Wohnungstür geklingelt. Faktisch findet damit letztlich eine Rasterfahndung statt, für die die einschlägigen Gesetze keine Rechtsgrundlage bieten. Zwar ist eine Auskunftspflicht auf Nachfrage der zuständigen Behörde sogar als verpflichtend im Gesetz geregelt – allerdings nur dann, wenn sich diese Auskunft auf einen konkreten Sachverhalt bezieht und nicht dazu dienen soll, ohne konkrete Veranlassung „ins Blaue hinein“ auszuforschen, ob überhaupt ein steuerlich erheblicher Sachverhalt vorliegt.

Nun soll es in dem von uns zu beurteilenden Fall zwar nicht so sein, dass eine Pflicht zur Auskunft besteht, was die Gemeinden auch regelmäßig betonen. Vielmehr soll freiwillig eine Angabe dazu gemacht werden, ob ein Hund gehalten wird oder nicht, ob also ein steuerlich erheblicher Sachverhalt vorliegt oder nicht. Diese Freiwilligkeit sehen wir jedoch nicht. So handeln die beauftragten Kontrolleure letztlich für die Gemeinde im Rahmen eines Über-Unterordnungsverhältnisses zum_r befragten Bürger_in, nämlich zum Zwecke der Durchsetzung einer Steuer. In diesem Bereich scheidet ein freiwilliges Handeln von vornherein aus. Spätestens aber, wenn nach dem Öffnen der Wohnungstür eine feuchte Schnauze die Füße beschnuppert, ist eine Wahlmöglichkeit für die Kontrollierten ohnehin nicht mehr vorhanden. Solche Erkenntnisse werden von den Kontrolleuren auch protokolliert und später bei der Steuererhebung herangezogen. Hier wird außerdem deutlich, dass – auch wenn die Wohnungen nicht betreten werden – jedenfalls die häusliche Sphäre betroffen ist, die besonderen Schutz genießt.

Wesentlich ist im Übrigen, dass die gewählte Ermittlungsmaßnahme vor allem Personen betrifft, die keinen Hund halten oder zwar einen Hund halten, aber ihre Steuer bereits entrichten – die mithin keinen Anlass dafür geboten haben, dass sie von einer staatlichen Maßnahme betroffen werden. Die Werteordnung des Grundgesetzes und auch der baden-württembergischen Verfassung gibt vor, dass eine Sachverhaltsaufklärung nicht um jeden Preis erfolgen darf. Vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsgebots ist es mindestens geboten, den von der Maßnahme betroffenen Personenkreis mittels sachgerechter Kriterien einzugrenzen. Eine Totalerfassung ist demgegenüber unzulässig.

Selbstverständlich dürfen und müssen die zuständigen Behörden im Sinne der Steuergerechtigkeit nach nicht bezahlten Steuern fahnden. Für derartige Ermittlungsmaßnahmen gibt es auch vom Gesetzgeber vorgesehene Möglichkeiten. Diese haben allerdings auch Grenzen. Eine (faktische) Rasterfahndung ist dort nicht vorgesehen.

Dieser Beitrag wurde im Tätigkeitsbericht Datenschutz 2022 veröffentlicht (S. 82f).

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