„Wenn es nicht sinnvoll ist, dann ist es kein Datenschutz.“

– Für einen praxistauglichen Datenschutz in Baden-Württemberg –

Seit dem 25. Mai 2018 ist der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI BW) gesetzlich dazu verpflichtet, die Einhaltung der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG, kurz: die Datenschutz-Grundverordnung – DS-GVO in Baden-Württemberg zu beaufsichtigen und die Verantwortlichen im Lande zu beraten.

Art. 97 Abs. 1 DS-GVO sieht vor, dass die EU-Kommission dem EU-Parlament und dem Rat bis zum 25. Mai 2020 einen Bericht über die Bewertung und Überprüfung der DSGVO vorlegt. Art. 97 Abs. 3 DS-GVO gibt der Kommission hierfür das Recht, Informationen unter anderem auch von den Aufsichtsbehörden anzufordern. Hierzu möchte auch der LfDI Baden-Württemberg seine Einschätzungen, welche aus der bisherigen praktischen Erfahrung seiner unabhängigen obersten Landesbehörde resultieren, zur Kenntnis geben und nimmt die Gelegenheit wahr, Anregungen zur Evaluierung der DS-GVO zu unterbreiten.

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz – DSK) hat sich mit ihrem „Erfahrungsbericht der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden“ vom 06. November 2019, welche vom LfDI Baden-Württemberg mitgetragen wurde, bereits mit dem aus ihrer Erfahrung mit der Anwendung der DS-GVO resultierenden Änderungsvorschlägen an den Europäischen Datenschutzausschuss gewandt. Den Vorsitz des eigens hierzu eingesetzten Projekt-Arbeitskreises der DSK hatte der LfDI Baden-Württemberg inne.

Die Sicht der Aufsichtsbehörden ist sicherlich wichtig und für die EU-Kommission hilfreich – nicht wenig wichtig sind aber die Erfahrungen, welche die Verantwortlichen und Anwendenden der DS-GVO in Baden-Württemberg gesammelt haben – buchstäblich am eigenen Leibe. Um diesen Erfahrungen Rechnung zu tragen, hat der LfDI Baden-Württemberg am 28 Juni 2019 eine Anhörung unter dem Banner „#DSGVO wirkt (?) – 1 Jahr DSGVO – Praxiserfahrungen und Evaluation“ in Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart veranstaltet. Zu Impulsvorträgen geladen waren Vertretungen aus Aufsicht, Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft, Anwaltschaft, Verbänden und Datenverarbeitern. In einem eigens hierzu eingerichteten E-Mail-Postfach wurden außerdem über das ganze Jahr Zuschriften aus allen Bereichen des Landes gesammelt und ausgewertet – auch von dieser „niedrigschwelligen“ Möglichkeit, Kritik und Anregungen zur DS-GVO abzugeben, haben zahlreiche Institutionen wie Verbände und Vereine, aber auch viele Privatpersonen Gebrauch gemacht.

Insgesamt hat sich gezeigt, dass die Verantwortlichen in Baden-Württemberg sich in vielen Bereichen alltagstauglichere Lösungen wünschen und einige Vorschriften nur schwer auf datenverarbeitenden Tätigkeiten kleiner Unternehmen oder ehrenamtlicher Arbeit anwendbar sind. Im Vordergrund stehen vor allem Fragen rund um eine mögliche Entlastung bei den Informations-, Transparenz- und Auskunftspflichten, aber auch bei Fragen der Gemeinsamen Verantwortlichkeit und der Auftragsdatenverarbeitung. Trotz zahlreicher Muster und Praxisratgeber meiner Dienststelle und anderen Aufsichtsbehörden scheint hier immer noch eine gewisse Rechtsunsicherheit bei den Verantwortlichen vorhanden zu sein. Wider Erwarten haben sich Sorgen um Sanktionen – zumindest unter der Praxis in Baden-Württemberg – nicht als vorrangig herausgestellt. Dies mag nicht zuletzt daran liegen, dass in Baden-Württemberg immer wieder klargestellt wurde, dass Beratung vor Bestrafung geht – und dass viele Verantwortliche sich auf den Weg zu einer datenschutzkonformen Verarbeitung gemacht haben. Ca. 75% der Unternehmen im Lande gaben nach Umfrage der DIHK an, die DSGVO (zumindest bereits teilweise) umgesetzt zu haben. Meine Erfahrungen sind damit im Großen und Ganzen deckungsgleich.

Die Datenschutzaufsicht in Baden-Württemberg orientiert sich am Leitsatz „Wenn es nicht sinnvoll ist, dann ist es kein Datenschutz“. Unter dieser Zielsetzung soll auch der vorliegende Bericht verstanden werden. Er spiegelt die Stimmen aus dem Land wieder, welche meine Dienststelle bei ihrer täglichen Arbeit und im Laufe des gesamten Evaluierungsprozesses vernommen hat. Dieser Bericht ist eine Zusammenstellung von Erfahrungen und Anregungen der Verantwortlichen und Betroffenen im Land. Als Aufsichtsbehörde sehen wir uns in der Pflicht, der europäischen Ebene auch diese Stimmen zu Gehör zu bringen.

Ergebnisse der Anhörung des LfDI BW zur Evaluierung der DS-GVO