In der Vergangenheit haben sich Finanzbehörden regelmäßig geweigert, Steuerpflichtigen Auskunft über ihre bei den Finanzämtern vorliegenden personenbezogenen Daten zu geben. Sie beriefen sich hierbei auf entgegenstehende (öffentliche) Belange, die letztlich immer darauf hinausliefen: Wenn wir Finanzämter dem Steuerpflichtigen zu genau offenlegen, was wir über seine Einkünfte wissen, dann ist das schlecht für die staatlichen Einnahmen. Auch Gerichte wie der Bundesfinanzhof nahmen bisher an, dass das Datenschutzrecht dem Steuerbürger keinen Anspruch darauf gäbe, zu erfahren, was das Finanzamt über ihn bereits weiß. Vielmehr müssten die Betroffenen stets ein „berechtigtes Interesse“ vorweisen, um „ausnahmsweise“ Akteneinsicht zu bekommen.

Dieser problematischen Auffassung, die unbescholtene Bürger in die Nähe von Steuerbetrügern rückt, erteilt die Datenschutz-Grundverordnung seit 2018 eine klare Absage. Dennoch sah die gängige Praxis nach wie vor häufig anders aus.

Ein jüngst ergangenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 16. September 2020 bestätigt jedoch, dass betroffenen Personen grundsätzlich ein direkter Anspruch gegen die Finanzbehörden auf Auskunft über ihre eigenen personenbezogenen Daten nach Artikel 15 DS-GVO zusteht. Ein Insolvenzverwalter hatte geklagt, da ihm Auskunft über die Steuerdatei seines Insolvenzschuldners vom Finanzamt verwehrt wurde. Diesen Auskunftsanspruch lehnte das Gericht zwar ab, da er sich als Dritter (im Gegensatz zu Betroffenen!) nicht auf Artikel 15 DS-GVO gegenüber dem Finanzamt stützen kann, um Daten eines Schuldners zu erlangen. In seinem Urteil betonte das BVerwG jedoch gleichzeitig, dass Betroffene selbst jederzeit Auskunft über die bei der Finanzbehörde gespeicherten personenbezogenen Daten verlangen können. Für Betroffene steht damit fest: Auch Finanzbehörden sind auskunftspflichtig!

Ausnahmetatbestände (nach § 32c Abgabenordnung), auf Grund derer Auskunft verweigert werden kann, greifen nur für einen äußerst eingeschränkten Anwendungsbereich. Hierzu zählen die konkrete Gefährdung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung der Behörde, konkrete Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder gesetzlich festgelegte Geheimhaltungsinteressen. Nicht ausreichend für die Begründung ist demnach der Hinweis auf den ausgelösten Verwaltungsaufwand, die zusätzliche Arbeitsbelastung oder fiskalische Nachteile. Die Finanzbehörde muss vielmehr im konkreten Einzelfall nachvollziehbar darlegen, warum die Erteilung der Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der finanzbehördlichen Aufgaben vereiteln würde.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg Dr. Stefan Brink begrüßt die Gerichtsentscheidung nachdrücklich. Zu Recht stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass „die in der DSGVO verankerten Betroffenenrechte […] dem Schutz des Grundrechts auf Achtung der Privatsphäre aus Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union [dienen]. Dieser Schutz lässt sich nur verwirklichen, wenn sich die von einer Datenverarbeitung betroffene Person vergewissern kann, dass ihre personenbezogenen Daten richtig sind und in zulässiger Weise verarbeitet werden, um andernfalls von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen unter anderem die Berichtigung oder Löschung ihrer Daten zu verlangen“.

Stefan Brink betont: „Wie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts noch einmal deutlich macht, können alle betroffenen Personen den aus Artikel 15 DS-GVO folgenden Auskunftsanspruch geltend machen – auch entgegen der beharrlichen Weigerung mancher Finanzbehörden. Dieser Auskunftsantrag kann nicht mehr allein deshalb abgelehnt werden, weil die betroffene Person kein spezielles berechtigtes Interesse vorträgt. Die Datenschutz-Aufsichtsbehörden unterstützen diese Ausübung von Bürgerrechten gerne!“

 

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