Die polizeilichen Ermittlungen zu den mutmaßlichen Tätern, die in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 2020 in der Stuttgarter Innenstadt randaliert und sich tätliche Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert haben, sorgten in den vergangen Tagen für heftige Kritik an der Polizei. Im Mittelpunkt der Diskussion stand der Vorwurf, die Polizei erfrage ohne rechtliche Grundlage bei den Standesämtern auch Angaben über die Staatsangehörigkeit von Eltern der mutmaßlichen Täter, auch wenn sie deutsche Staatsbürger seien. Der Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) Baden-Württemberg hat daraufhin Fragen zur Ermittlungstätigkeit der Polizei gestellt, die jetzt vom Polizeipräsidium Stuttgart beantwortet wurden.

In seiner Stellungnahme erläutert das Polizeipräsidium nachvollziehbar, dass die Datenerhebungen allein der konkreten Aufklärung von Straftaten aus der Krawallnacht dienten. Präventiv-polizeiliche Überlegungen hätten keine Rolle gespielt. Das überzeugt aus Sicht des LfDI vor allem deswegen, weil nach Abwendung der Gefahrenlage am 21. Juni 2020 „präventive“ Integrationsmaßnahmen der Sozialarbeit ebenso wenig in den Aufgabenbereich der Polizei fallen wie die Anfertigung sozialwissenschaftlicher Studien zu Motivlagen von Tätern – hierfür erheben Soziologen die nötigen Daten, nicht die Polizei.

Die Strafprozessordnung (§ 163 Absatz 1StPO) berechtigt die Polizei bei Straftaten, alle zu deren Aufklärung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und dabei auch die hierfür erforderlichen Daten zu erheben. Hierzu kann auch gehören, die Lebensverhältnisse von jugendlichen und heranwachsenden Tatverdächtigen aufzuklären, soweit dies für strafrechtliche Zwecke erforderlich ist. In diesem Zusammenhang kann auch das soziale Umfeld eine Rolle spielen. Hierzu kann das Personenstandsregister im Einzelfall ermittlungserhebliche Hinweise enthalten. Deshalb kann die Datenerhebung bei den Standesämtern in begründeten Fällen durch die Ermittlungsbefugnis der Polizei gedeckt sein. Eine standardmäßige Erhebung der Staatsangehörigkeit der Eltern von Straftatverdächtigen wäre dagegen nicht erforderlich und damit unzulässig, zumal der letztlich unscharfe Begriff des „Migrationshintergrundes“ keine Aussagekraft im Strafverfahren hat.

Insgesamt sieht der LfDI daher keinen Anlass für eine Beanstandung des Vorgehens der Polizei. Er regt jedoch eine engere Abstimmung von Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Festlegung der geeigneten Ermittlungsmaßnahmen an, um zu verhindern, dass in polizeilichen Ermittlungen sensible persönliche Daten von Straftatverdächtigen und Dritten gesammelt werden, die im anschließenden strafgerichtlichen Verfahren nicht verwendet werden können oder sollen.

 

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