Eine Kontrolle der Vergabepraxis des ermittlungsunterstützenden Hinweises „wechselt häufig Aufenthaltsort (HWAO)“ bei der Polizei Baden-Württemberg konnte den Verdacht, Personen der Volksgruppe der Sinti und Roma würden durch die Vergabe des Hinweises zielgerichtet erfasst und stigmatisiert, nicht bestätigen. Allerdings wurden wir bei der Kontrolle auf andere Mängel, insbesondere in Bezug auf die Festlegung und Einhaltung der rechtlichen Speicherfristen, aufmerksam.

Nach einem Gespräch mit dem Verband Deutscher Sinti und Roma e. V., Landesverband Baden-Württemberg, in welchem uns gegenüber der Verdacht geäußert wurde, dass die Polizei mittels der Vergabe des ermittlungsunterstützenden Hinweises (EHW) „wechselt häufig Aufenthaltsort (HWAO)“ eine zentrale Datei führe, in der systematisch alle bekannt gewordenen Angehörigen der Volksgruppe der Sinti und Roma gespeichert und stigmatisiert würden, entschieden wir uns zur Durchführung einer Kontrolle hinsichtlich der Vergabepraxis dieses Hinweises.

EHWs sind laut des vom Bundeskriminalamt erstellten EHW-Leitfadens „Hinweise auf Besonderheiten einer natürlichen Person, die primär dazu geeignet sind, einen polizeilichen Kontext zu verdeutlichen, polizeiliches Handeln zielgerichteter zu steuern bzw. zu unterstützen, oder die dem Schutz Dritter dienen. Sie sind darüber hinaus auch geeignet, Datenbestände für Ermittlungen zu kennzeichnen bzw. zu selektieren. Sekundär kann ein EHW auch dem Schutz der Betroffenen und der eingesetzten Polizeibediensteten dienen.“ Der EHW „wechselt häufig Aufenthaltsort“ ist ein landesspezifischer Hinweis und durfte nach dem Leitfaden in der Fassung der Polizei Baden-Württemberg mit landesspezifischen Ergänzungen (Stand: 17.03.2016) nur vergeben werden, wenn der Betroffene keine ständige Bindung an einen festen Wohnort oder einen häufig wechselnden Aufenthaltsort hatte. Die Rechtsgrundlage für die Vergabe dieses landesspezifischen EHW bildete § 38 Absatz 1 des Polizeigesetzes (PolG). Demnach kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Die Gewinnung von Ermittlungshinweisen setzt voraus, dass auch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die betroffene Person zukünftig eine Straftat begehen wird (vgl. § 38 Absatz 3 PolG). Eine Speicherung ist deshalb nur i. V. mit der Annahme einer Wiederholungsgefahr möglich.

Noch vor Beginn unserer Kontrolle erfuhren wir, dass im Rahmen einer Prüfung des Innenministeriums der Verwendung von Minderheitenkennzeichnungen im Informationssystem der Landespolizei POLAS festgestellt wurde, dass der EHW „HWAO“ in seiner Aussagekraft eingeschränkt ist, da er nur in den Bundesländern Sachsen und Baden-Württemberg verwendet wurde. Vor dem Hintergrund des allgemeinen Diskriminierungsverbots wurde deshalb entschieden, dass der EHW seit 20. Juli 2018
nicht mehr vergeben werden darf.

An unserer Prüfung hielten wir dennoch fest. Eine Anfrage beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg im April 2018 hatte einen Bestand von über 14.000 Personen ergeben, denen der EHW „HWAO“ im polizeilichen Informationssystem POLAS zugespeichert war. Unsere Prüfung führten wir anhand von Stichproben durch, die anhand verschiedener Kriterien ausgewählt wurden. In die Prüfung einbezogen wurden Fälle, in denen der EHW Personen zugespeichert wurde, die lediglich mit einem einzigen Delikt in POLAS einliegen und deren Speicherung bereits mindestens fünf Jahre zurück liegt. Zur weiteren Eingrenzung der Fallzahlen wurden alphabetisch pro Anfangsbuchstabe des Familiennamens jeweils nur die beiden ältesten Speicherungen berücksichtigt. Anhand dieser Kriterien wurde uns durch das Landeskriminalamt eine Liste mit insgesamt 49 Personen übersandt, wobei zwei Personen doppelt erfasst waren. Die Akten wurden durch das Landeskriminalamt bei insgesamt zehn verschiedenen Polizeipräsidien angefordert. Zu drei Personen waren die Akten jedoch aufgrund abgelaufener Speicherfristen zwischenzeitlich gelöscht worden. Zur Prüfung standen uns somit insgesamt 44 Akten zur Verfügung.

Wir konnten feststellen, dass in den meisten Fällen die Vergabe des EHW Personen betraf, die keinen festen Wohnsitz hatten. Bei anderen erschien die Vergabe aufgrund wechselnder Aufenthaltsorte berechtigt. In sieben Fällen war eine Aussage zur Rechtmäßigkeit der Vergabe anhand der übersandten Aktenbestände nicht sicher möglich. Der Hinweis „HWAO“ wurde in diesen Fällen an Personen vergeben, die einen festen Wohnsitz in Deutschland hatten. In diesen Fällen wurden die Ermittlungsakten (E-Akten) nachgefordert. In fünf Fällen wurden uns diese zeitnah übersandt und wir konnten feststellen, dass die Vergabe berechtigt war. In zwei Fällen teilten die Polizeipräsidien mit, dass die E-Akten bereits ausgesondert seien. In einem dieser Fälle hatte uns bislang lediglich eine unvollständige Kopie der Erfassungsbelege vorgelegen. Anhand der nun vollständig übersandten Erfassungsbelege konnte dem Sachverhalt bereits die Rechtmäßigkeit der Vergabe des EHW entnommen werden. In zwei weiteren Fällen, in denen uns die Akten bei der Prüfung bereits vollständig vorlagen, wurde jedoch festgestellt, dass die Voraussetzungen zur Vergabe des Hinweises nicht vorgelegen hatten. Im einen Fall handelte es sich um einen Deutschen, der sich im Ausland während eines Urlaubsaufenthalts strafbar gemacht, jedoch in Deutschland einen festen Wohnsitz hatte. Im anderen Fall wurde eine ausländische Betroffene mit festem Wohnsitz in Deutschland zur Anzeige gebracht. Der Akte war weder ein Hinweise auf häufig wechselnde Aufenthaltsorte noch darauf zu entnehmen, dass sie keine feste Bindung an den bekannten Wohnort hatte. Die Vergabe des Hinweises „HWAO“ war deshalb in beiden Fällen nicht nachvollziehbar.

Bei den geprüften Vorgängen wurde der Hinweis „HWAO“ an Angehörige insgesamt 15 verschiedener Staaten sowie einen Staatenlosen vergeben. In einem Fall fand sich in der Akte ein Hinweis, dass die Betroffene einer Gruppe von „Landfahrern“ angehören soll. Dieser Verdacht wurde von der Geschädigten in der Vernehmung geäußert. Bei der Betroffenen handelte es sich um eine serbische Staatsangehörige ohne festen Wohnsitz in Deutschland. In einem anderen Fall wurde vermerkt, dass es sich bei dem Betroffenen um einen Angehörigen einer Gruppe „Sinti“ handle, welche zur Tatzeit am Tatort in Wohnwagen campiert hatten. Die Ermittlungen ergaben, dass der Betroffene von der bekannten Wohnanschrift bereits seit längerer Zeit nach Unbekannt verzogen war. In beiden Fällen ist deshalb nichts gegen die Vergabe des Hinweises einzuwenden.

Die Prüfung der uns übersandten Akten bzw. Aktenbestände ergab, dass der EHW „HWAO“ in den meisten Fällen berechtigt vergeben worden war. Anhaltspunkte dafür, dass der Hinweis zielgerichtet für die polizeiliche Speicherung bestimmter Volksgruppen genutzt wird, ergaben sich aus den geprüften Akten nicht.

Bei unserer Prüfung stießen wir allerdings auf andere Probleme in Bezug auf die polizeiliche Speicherpraxis in POLAS:

So wurde in mehreren Fällen mitgeteilt, dass die E-Akten zu den in POLAS gespeicherten Fällen bereits vernichtet worden seien. Weshalb lediglich die Papierakte, nicht aber die POLAS-Speicherung gelöscht wurde, ist nicht nachvollziehbar. Eine Speicherung ohne Aktenrückhalt ist nicht zulässig. Die Vorgänge sind deshalb aus POLAS zu löschen.

Weiter wurde festgestellt, dass die für POLAS festgelegten Speicherfristen in vielen der geprüften Fälle bereits abgelaufen waren. Ein Polizeipräsidium erklärte diesen Umstand damit, dass bei Fällen, welche als INPOL-relevant markiert und damit im bundesweiten polizeilichen Informationsverbund INPOL gespeichert wurden, die automatische Löschung unterblieben sei, da sich die Laufzeiten dann nach den in INPOL festgelegten längeren Speicherfristen gerichtet hätten. Es ist zu vermuten, dass diese Problematik auch bei Fällen anderer Polizeipräsidien zugrunde liegen könnte. Zumindest in einem weiteren Fall fand sich ein Vermerk in der Akte, wonach eine Fristverlängerung aufgrund längerer Speicherfristen des INPOL-Bestands der betroffenen Person festgelegt wurde. In anderen Fällen befanden sich INPOL-Fahndungsnotierungen oder INPOL-Auszüge in der Akte, die diese Vermutung ebenfalls nahe legen.

Abgesehen davon, dass es nach § 38 Absatz 5 Satz 4 PolG einer schriftlichen Begründung der Erforderlichkeit bedarf, wenn die Daten über die festgesetzten Fristen weiter gespeichert bleiben sollen, stellt sich hier die Frage, ob es rechtmäßig sein kann, dass Vorgänge im landesweiten POLAS-System aufgrund von Erkenntnissen anderer Bundesländer über die festgelegten Speicherfristen hinaus gespeichert werden. Gerade weil es sich um ein landesweites Dateisystem handelt, in dem bewusst nur Fälle aus Baden-Württemberg und keine bundesweiten Vorgänge gespeichert werden, ist es unzulässig, die Löschfristen in POLAS durch Erkenntnisse anderer Bundesländer in bundesweiten Dateien auszuhebeln und die in POLAS gespeicherten Vorgänge über die zulässigen landesrechtlichen (Höchst-) Fristen hinaus zu speichern (siehe auch Nr. 2.4 dieses Berichts).

Ein ähnliches Problem, fand sich regelmäßig bei Vorgängen, die als relevant zur Erfassung in der Verbunddatei „Kriminalaktennachweis“ (KAN) markiert wurden. Die Erfassung in KAN dient dem Nachweis von Kriminalakten, die bei Bund und Ländern angelegt sind, bei schweren oder überregional bedeutsamen Straftaten oder Straftaten bei denen gemäß § 81 g Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO) die Voraussetzungen zur Speicherung eines DNA-Identifizierungsmusters vorliegen. In der Regel war diese Kategorisierung mit der Vergabe einer zehnjährigen (Höchst-) Speicherfrist verbunden, obwohl für die Vorgänge oftmals nach §38 PolG i. V. m. § 5 Absatz 1 der Verordnung des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (DVO PolG) nur eine Laufzeit von fünf Jahren oder nach § 5 Absatz 3 DVO PolG (als Fälle geringer Bedeutung) sogar nur eine dreijährige Speicherfrist gerechtfertigt gewesen wäre. Hier stellt sich die Frage, wie diese Vorschriften tatsächlich anzuwenden sind, wenn gleichzeitig auch ein Kriterium zur KAN-Vergabe mit der Möglichkeit deutlich längerer Speicherfristen greift. Die Aussonderungsprüffristen für KAN betragen nach § 77 Abs. 1 des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) bei Erwachsenen höchstens zehn Jahre, bei Jugendlichen fünf Jahre und bei Kindern zwei Jahre, wobei nach Zweck der Speicherung sowie Art und Schwere des Sachverhalts zu unterscheiden ist. Bezüglich der zulässigen Speicherfristen für KAN heißt es in der Errichtungsanordnung, dass jede eingebende Stelle für sich im Rahmen einer Einzelfallprüfung die Aussonderungs- und Prüffristen festlegt. Auch dies unterstreicht, dass die landesrechtlichen Regelungen des § 38 PolG i. V. m. § 5 DVO PolG beachtet werden und somit auch Anwendung finden müssen. Nur so kann die Speicherung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht werden. Dies wird auch im Zusammenhang mit der Einführung des Polizeilichen Informations- und Analyseverbunds (PIAV) verdeutlicht. PIAV ist als Verbundanwendung auf Bundesebene Teil des Informationssystems der Deutschen Polizei (INPOL) und stellt zur länderübergreifenden Kriminalitätsanalyse unverzüglich ausgewählte Personen-, Sach- und Falldaten aus Vorgangs- und Fallsystemen des Bundeskriminalamts, der Länderpolizeien, der Bundespolizei, des Zolls sowie der Polizei beim Deutschen Bundestag bereit. In der Bund-Länder-Zusammenarbeitsrichtlinie heißt es im Zusammenhang mit der Aussonderungsprüfung „Kürzere Aussonderungsprüffristen können sich aus landes- bzw. bundesrechtlichen Vorschriften ergeben“.

Eine weitere Problematik, die uns bei der Prüfung der Fälle vermehrt begegnet ist, ist Folgende: Häufig wurden in den Erfassungsbelegen bei der Prognose für die Annahme der Wiederholungsgefahr Kriterien ausgewählt, die nicht nachvollziehbar und in der Akte nicht weiter begründet waren. Die entsprechenden Bedeutungen der Begrifflichkeiten wurden dabei offensichtlich häufig nicht beachtet. So wurden zum Beispiel Betroffene als „Überzeugungstäter“ gekennzeichnet oder ihnen „fehlendes Unrechtsbewusstsein“ unterstellt, obwohl sie laut Akte keinerlei Angaben gemacht und sich laut Akte keinerlei sonstigen Hinweise ergeben hatten, die eine solche Feststellung stützen würden. Es ist deshalb fraglich, wie die entsprechenden Beurteilungen überhaupt getroffen werden konnten. Teilweise wurde bei Sachverhalten, die als Fälle geringer Bedeutung gem. § 5 DVO PolG anzusehen waren, den Betroffenen „hohe kriminelle Energie“ unterstellt, ohne weiter in der Akte auf diese Annahme einzugehen. Auch die Kriterien „Gewohnheits-, Serien-, Gewerbs-, Bandenmäßigkeit“ wurden vielfach gewählt, ohne dass diese begründet erscheinen. Zur Frage, ob eines dieser Kriterien vorliegt, müssen gewisse, bereits durch die Rechtsprechungen häufig definierte, Voraussetzungen erfüllt sein. So wird „Gewohnheitsmäßigkeit allgemein als durch Übung, insbesondere wiederholte Tatbegehung erworbener, eingewurzelter und selbständig fortwirkender Hang verstanden, als psychischer Zustand, der gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass der Täter sich seiner beim Handeln nicht bewusst ist und der sich im täglichen Leben in den Fällen äußert, in denen ein Handeln auch dann noch wiederholt wird, wenn sich die dieses Handeln rechtfertigenden Umstände längst geändert haben.“ (OLG Köln, Beschluss vom 10. November 2015 –
1 RVs 209/15 , Rn.11, -juris). Nach aktueller Rechtsprechung handelt gewerbsmäßig „wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will. (Festhaltung BGH, 17. Juni 2004, 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177)“ (BGH, Urteil vom 09. Juli 2013 –
5 StR 181/13 –, juris). Auch „Bandenmäßigkeit“ lässt sich nicht allein dadurch schon begründen, dass mehrere Personen gemeinsam eine Straftat begehen. „Als Indizien, ob eine Tat bandenmäßig begangen wurde, kommen insbesondere in Betracht: Eingebundensein in eine bandenmäßige Organisation, geschäftsmäßige Auftragsverwaltung, gemeinsame Buchführung, arbeitsteilige und gleichberechtigte Akquisition, Vermittlungstätigkeit und Forderungseinziehung, gegenseitige Kontrolle und Schutz, gemeinsame Kasse oder die Beteiligung an den gemeinsam erwirtschafteten Gewinnen und Verlusten. (BGH, Urteil vom 19. Mai 1999 – 2 StR 650/98 –, juris)

In Bezug auf die Wiederholungsgefahr stellten wir außerdem fest, dass die Dokumentation der angenommenen Wiederholungsgefahr für die Begehung künftiger Straftaten des Betroffenen oftmals nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht. Nach § 38 Absatz 3 PolG wird für eine über zwei Jahre andauernde Speicherung das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für die Annahme, die betroffene Person werde zukünftig eine Straftat begehen, gefordert. Diese Annahme lag offensichtlich allen geprüften Vorgängen zugrunde, jedoch wurde diese in vielen Fällen gar nicht oder nicht ausreichend begründet. Die aktuelle Rechtsprechung fordert: „Die die Wiederholungsgefahr nach § 38 Abs 1 S 2, 3 PolG a. F. (juris: PolG BW 1992) begründenden Anhaltspunkte sind in einer auf den Einzelfall bezogenen, auf schlüssigen, verwertbaren und nachvollziehbar dokumentierten Tatsachen beruhenden Entscheidung festzuhalten. Fehlt es an einer solchen Dokumentation der Wiederholungsgefahr, ist die Datenspeicherung rechtswidrig.“
(Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Februar 2015 – 1 S 554/13 –, juris) In vielen Fällen wurde im Erfassungsbeleg zwar eine Auswahl der vorgegebenen Stichworte getroffen, diese in dem dafür vorgesehenen Freitextfeld zur Einzelfallbegründung für die Wiederholungsgefahr aber nicht näher erläutert. Die Ausführungen beschränkten sich dabei überwiegend auf die Wiederholung ausgewählter Stichworte bzw. von Synonymen. Teilweise fanden sich wenig aussagekräftige und im Vorgang ebenfalls nicht weiter erläuterte Formulierungen wie z. B. “Gesamtumstände der Tat“ oder „besteht aufgrund des persönlichen Umfelds“.

Im Rahmen unserer Prüfung stellten wir zudem fest, dass teilweise Fälle gespeichert waren, die allein aufgrund der vorliegenden Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft hätten gelöscht werden müssen. So ging in einem Fall aus der Einstellungsverfügung hervor, dass der Straftatbestand gar nicht erfüllt und das Verhalten strafrechtlich nicht zu beanstanden war. In einer anderen Mitteilung hieß es „Die Überprüfung durch die Ermittlungsbehörde ergab bislang keine greifbaren Anhaltspunkte für Straftaten. (..)“ In einer anderen Mitteilung der Staatsanwaltschaft, über fünf Jahre nach einem begangenen Diebstahl, wurde mitgeteilt, dass die Tat bereits verjährt und die Ahndung der Tat deshalb ausgeschlossen sei. Bei diesem Hinweis hätte eigentlich auffallen müssen, dass auch die festgesetzte fünfjährige Laufzeit für die POLAS-Speicherung abgelaufen war.

Das Ergebnis unserer Kontrolle zeigt, dass in Bezug auf die Einhaltung rechtlicher Vorgaben bei den polizeilichen Speicherungen in vielerlei Hinsicht Mängel bestehen. Die uns zur Prüfung vorgelegten Akten wurden alle in den Jahren 2007 bis 2011 in POLAS erfasst. Die Frage ist, ob sich in den vergangenen Jahren an den festgestellten Problemen etwas verändert hat. Wir haben deshalb beim Landeskriminalamt bezüglich der aktuellen Regelungen zum Löschverfahren in POLAS sowie der aktuellen Eingabemodalitäten hinsichtlich der Speicherfristenauswahl bei gleichzeitiger KAN-Relevanz um Auskunft ersucht. Die Antwort steht noch aus. Die Problematik bei fehlender Dokumentation der Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Datenspeicherungen in POLAS hatten wir bereits im Rahmen unserer Kontrolle der „Falldatei Rauschgift“ im Jahr 2016 angesprochen. Wir gehen davon aus, dass die rechtlichen Anforderungen zwischenzeitlich bis auf die Sachbearbeiterebene umgesetzt wurden und bei der Erfassung in POLAS auch Beachtung finden. Die Polizei ist gefordert, technische sowie didaktische Maßnahmen zu finden, um die Rechtmäßigkeit polizeilicher Speicherungen für die Zukunft zu garantieren und Missstände bei bestehenden Speicherungen zu beheben.

 

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