Diese Handreichung richtet sich an Bürger_innen und informationspflichtigen Stellen. Im Folgenden wird dargestellt, in welchem Umfang Corona-Fallzahlen aufgrund von Anträgen nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) herausgeben werden. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf den Datenschutz gelegt.

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>> Welchen Anspruch haben Bürger_innen nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG)?

Die Frage nach dem Zugang zu konkreten Corona-Fallzahlen und die damit verbundene Verfolgung des Infektionsgeschehens stehen nach wie vor hoch im öffentlichen Diskurs. Gerade während einer Pandemielage verlassen sich die Bürger_innen auf Informationen der öffentlichen Stellen. Deshalb sind das transparente Handeln der Verwaltung und der Zugang zu Informationen wichtiger denn je.

Wir empfehlen daher den öffentlichen Stellen, möglichst viele Informationen von sich aus zum Thema Corona zu veröffentlichen. Daneben können Bürger_innen selbst Anträge auf Zugang zu weiteren Informationen nach dem LIFG stellen, sofern sie spezifische Interessen haben, welche über allgemeine Veröffentlichungen noch nicht abgedeckt sind.

Das Zugangsrecht nach dem LIFG zu allen Behördeninformationen ist jedoch nicht schrankenlos: Da es sich bei Corona-Fallzahlen um Gesundheitsdaten handelt, kann in Einzelfällen der Schutz personenbezogener Daten einer Herausgabe der exakten Zahlen entgegenstehen.

>> Voraussetzungen

Der Informationszugangsanspruch ist verfassungsrechtlich in Artikel 5 Grundgesetz verankert. In Baden-Württemberg gewährt das LIFG jeder antragstellenden Person das Recht auf freien Zugang zu amtlichen Informationen. Dafür bedarf es keiner Darlegung eines Informationsinteresses. Der Informationszugangsanspruch muss sich dabei lediglich auf eine vorhandene amtliche Information beziehen und die informationspflichtige Stelle muss über die Information verfügen (§ 1 Abs. 2 i. V. m. § 3 Nr. 3 LIFG).

Die bei auskunftspflichtigen Stellen vorhandenen Corona-Fallzahlen sind ohne Zweifel solche amtlichen Informationen; mithin kommt ein informationsfreiheitsrechtlicher Anspruch in Betracht. Dieser Anspruch auf Informationszugang kann beim jeweiligen Gesundheitsamt oder beim Landesgesundheitsamt sowie bei den Kommunen und deren Verbänden mit Verweis auf das LIFG gestellt werden. Dafür bedarf es keiner bestimmten Form, der Antrag muss aber erkennen lassen zu welchen konkreten amtlichen Informationen Zugang begehrt wird.

>> Einschränkungen

Der Anspruch auf Informationszugang wird allerdings durch die im Gesetz geregelten sogenannten „Schutzgründe“ eingeschränkt (§§ 4 – 6 LIFG). Vorliegend kommt der Schutz personenbezogener Daten gemäß § 5 LIFG in Betracht; verfassungsrechtlich gesichert in Artikel 2 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz als Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Aber wie kann eine numerische Zahl den Schutz personenbezogener Daten gefährden?

Es mag auf den ersten Blick nicht auf der Hand liegen, aber es geht um die Frage, ob durch die Veröffentlichung von Fallzahlen die Möglichkeit einer Personenbeziehbarkeit (Identifizierbarkeit der Person) gegeben ist. Dies ist von der auskunftspflichtigen Stelle im Rahmen des LIFG-Anspruchs zu prüfen, da auch das LIFG den Schutz personenbezogener Daten gewährleistet. Für die Personenbeziehbarkeit spielen folgende Faktoren eine Rolle:

  • Ortsgröße / Einwohnerzahl (Größe der abgefragten Gruppe)
  • Altersstruktur
  • Anzahl infizierter Personen, Verdachtsfälle und Testverfahren
  • Zeitkomponente (Gesamt-, Wochen- oder Tageswert)
  • Berichterstattung in der Presse

Aufgrund des Zusammenspiels dieser Faktoren sollte die auskunftspflichtige Stelle stets eine Einzelfallentscheidung vornehmen. Entscheidend ist die Frage, ob im Einzelfall unter Zuhilfenahme des bereits bekannten Zusatzwissens oder solcher Informationen, die sich mit einem nicht ganz unverhältnismäßigem Aufwand beschaffen lassen, Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden können. Lediglich in einem solchen konkreten Ausnahmefall kann der Schutz personenbezogener Daten dem Anspruch nach LIFG auf Zugang zu konkreten Corona-Fallzahlen entgegenstehen.

Bejaht die auskunftspflichtige Stelle den Personenbezug der angefragten Corona-Fallzahlen, so ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob die betroffenen Personen in den Zugang zu ihren personenbezogenen Daten einwilligen. Bei möglicherweise betroffenen Gesundheitsdaten handelt es sich um sensible Daten einer natürlichen Person, die nach der Datenschutzgrundverordnung (Art. 9 DS-GVO) nur übermittelt werden dürfen, wenn die betroffene Person ausdrücklich eingewilligt hat (§ 5 Abs. 2 LIFG).

Zu beachten ist des Weiteren: Dem Anspruch auf Zugang zu Corona-Fallzahlen für einen einzelnen Betrieb (so z. B. auch für Pflegeheime und Krankenhäuser) steht neben dem personenbezogenen Datenschutz möglicherweise auch der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (§ 6 LIFG) entgegen. Der auskunftspflichtigen Stelle obliegt auch hier eine Prüfpflicht.

>> Empfehlungen

In Ausnahmefällen, in welchen nachteilige Auswirkungen in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten zu erwarten sind, empfehlen wir den informationspflichtigen Stellen, die anonymen Fallzahlen in einer unproblematischen Größenordnung anzugeben, wie beispielsweise in 10er Schritten, um damit jeden Personenbezug zu vermeiden.

Anfragen nach dem LIFG können auch allgemein gehalten werden, z.B. „Welche Ortschaft ist am stärksten betroffen?“ Auch wenn das LIFG keine Beantwortung von allgemeinen Bürgeranfragen vorsieht, steht es im Ermessen der angefragten Stelle alle Informationen, die unter keinen Schutzgrund fallen, auf freiwilliger Basis herauszugeben und so Bürgernähe unter Beweis zu stellen.

Weiterhin ist es empfehlenswert Informationen auf der Homepage zu veröffentlichen und/oder gegenüber der Presse bekanntzugeben. Transparentes Handeln unter Angabe von Zahlen, Daten, Fakten schafft Vertrauen in das Wirken von öffentlichen Stellen. Besonders in Zeiten von Krankheit und Planungsunsicherheit besteht hierfür ein gesteigertes Bedürfnis in der Bevölkerung. Wir werben daher ausdrücklich dafür, möglichst viele Informationen zur Pandemie zu veröffentlichen, um als verlässliche Informationsquelle stabilisierend zu wirken.

>> Unterstützung

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit berät sowohl interessierte Bürger_innen als auch informationspflichtige Stellen bei Fragen rund um dieses wichtige Thema.

 Weitere Informationen

Stand: März 2021

Für Rückfragen erreichen Sie uns unter der Telefonnummer
0711/615541-23 und per E-Mail: pressestelle@lfdi.bwl.de

Weitere Informationen zum Datenschutz und zur Informationsfreiheit finden Sie im Internet unter www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de oder unter www.datenschutz.de.