Es wird eng für gewerbliche Social-Media-Produkte:
LfDI informiert oberste Landesbehörden
zur Nutzung von Facebook-Fanpages

LfDI Stefan Brink: „Wer als Behörde bislang keine datenschutzkonforme Alternative aktiv nutzt, sollte es nun tun.“


Dürfen öffentliche Stellen auf Facebook, Twitter und Co. präsent sein? Seit dem Jahr 2018 steht aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) fest, dass eine Nutzung von Facebook durch eine eigene Fanpage für öffentliche Stellen mit hohen – zu hohen – Anforderungen einhergeht.

Ein Gutachten der Datenschutzkonferenz (DSK) zur datenschutzrechtlichen Konformität des Betriebs von Facebook‐Fanpages, welches in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde, bestätigt dieses Ergebnis:

„Für die bei Besuch einer Fanpage ausgelöste Speicherung von Informationen in den Endeinrichtungen der Endnutzer:innen […] sowie für die Verarbeitungen personenbezogener Daten, die von Seitenbetreibern verantwortet werden, sind keine wirksamen Rechtsgrundlagen gegeben. Darüber hinaus werden die Informationspflichten aus Art. 13 DSGVO nicht erfüllt.“

Hierbei geht es nicht um Kleinigkeiten, sondern um klare und massive Rechtsverletzungen – zu Lasten der Bürger_innen. Mit dem Betrieb einer Facebook Fanpage wird nicht nur ein – nach europäischen Maßstäben – rechtswidriges Geschäftsmodell unterstützt, vielmehr tragen gerade die Behörden, die ihre Bürger_innen mithilfe dieser Plattformen informieren wollen, dazu bei, dass die Nutzer_innen in ihren Rechten verletzt und wirtschaftlich übervorteilt und ausgebeutet werden. Nutzer_innen solcher Plattformen werden überwacht, profiliert, verwertet und manipuliert. Wer dieses „Geschäftsmodell“ unterstützt, macht sich mitverantwortlich für die daraus resultierenden Verstöße.

Daher haben die Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes jetzt beschlossen, die ihrer Aufsicht unterstehenden obersten Bundes- und Landesbehörden über das Gutachten der DSK zu informieren und wenn nötig über die Rechtsfolgen aufzuklären. Die wichtigste Folge ist: Wenn Behörden die datenschutzrechtliche Konformität ihrer Fanpage-Nutzung nicht nachweisen können, müssen sie deren Betrieb einstellen.

Der Landesbeauftragte Stefan Brink steht in dieser Frage seit langem im Gespräch mit der Landesregierung Baden-Württemberg und berät sie auch bei der Nutzung von Alternativen. Eine wichtige Frage dabei ist, ob und wie öffentliche Stellen in Notfällen – etwa bei Naturkatastrophen oder bei besonderen Sicherheitslagen – auf Social Media zugreifen und darüber kommunizieren können.

Der Landesbeauftragte selbst nutzt bereits seit Anfang 2020 nicht mehr Twitter und setzt stattdessen auf die Twitter-Alternative Mastodon. Mittlerweile betreibt er dort einen eigenen Server, auf dem öffentliche Stellen auch einen eigenen Account einrichten können. Sein Account https://bawü.social/@lfdi hat mittlerweile circa 1.800 Folgende. Demnächst geht der LfDI mit einem eigenen PeerTube Server in den Testbetrieb. PeerTube ist eine datenschutzfreundliche Alternative zu YouTube.

Mehrere Ministerien sind dem Landesbeauftragten bereits vor einiger Zeit gefolgt und nutzen ebenfalls erfreulicherweise die Twitter-Alternative Mastodon für ihre Kommunikation. So haben auf der LfDI-Instanz etwa die Landesregierung, das Umweltministerium, das Verkehrsministerium, das Landwirtschaftsministerium eigene Accounts, ebenso zahlreiche weitere öffentliche Stellen wie das Regierungspräsidium Freiburg, viele Hochschulen sowie Städte und Gemeinden, die Landeszentrale für politische Bildung und die Städtischen Museen Freiburg. Das Wissenschaftsministerium und weitere Hochschulen sind bereits auf anderen Mastodon-Instanzen aktiv.

LfDI Brink nimmt den Beschluss der Datenschutzkonferenz zum Anlass, alle öffentlichen Stellen aufzurufen, ihre Aktivitäten auf Facebook und weiteren Social-Media-Kanälen genau zu überprüfen. Wenn im Laufe dieses Jahres nun gerichtliche Entscheidungen folgen – der Ausgang solcher ist für den LfDI klar absehbar –, dann kann es danach bundesweit sehr schnell gehen. Daher sollten öffentliche Stellen jetzt nach Alternativen suchen. Eine gut betreute Homepage, die alle relevanten Informationen zur Verfügung stellt, ist für den LfDI unabhängig von Social-Media-Alternativen zu den gewerblichen Plattformen die Grundvoraussetzung für das digitale Informationsangebot.

Der Landesbeauftragte Stefan Brink: „Digitalisierung und Datenschutz gehören und funktionieren nur zusammen. Wir unterstützen, dass öffentliche Stellen digitale Kommunikation und Social-Media-Angebote nutzen. Wir erwarten jedoch, dass sie dabei rechtskonform arbeiten.“ Natürlich haben die Alternativen derzeit noch nicht die Reichweite, die auf großen gewerblichen Plattformen möglich seien. Doch könne Reichweite keine Begründung für Rechtsverletzung sein. Und: „Je mehr öffentliche Stellen Alternativen nutzen, desto schneller werden dort auch mehr Menschen erreicht“, so Stefan Brink. „Die Richtung ist klar: Rechtswidrig betriebene Social Media Kanäle haben für öffentliche Stellen keine Zukunft. Daher müssen Verantwortliche jetzt auf Alternativen umsteigen und diese ausbauen. Neben unserem Angebot auf Mastodon und bald auch PeerTube beraten wir öffentliche Stellen auf Wunsch gerne bei der Suche und Nutzung datenschutzkonformer Alternativen zu den gewerblichen Plattformen.“

Weitere Informationen:

Den Beschluss der Datenschutzkonferenz und das Kurzgutachten stehen auf der Homepage des Landesbeauftragten zum Download:

https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2022/03/DSK_Beschluss_Facebook_Fanpages.pdf

https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2022/03/DSK_Kurzgutachten_Facebook-Fanpages_V1_18.03.2022.pdf

 

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