Stuttgart, 09. Juli 2008

Pressemitteilung


Videoüberwachung auf dem Biberacher Gigelberg
Bleibt der Datenschutz auf der Strecke?

 

Nach Presseberichten, die auch Peter Zimmermann, den Landesbeauftragten für den Datenschutz, kritisch aufmerken ließen, sollen auf dem Biberacher Gigelberg während der Zeit des Schützenfestes (11. bis 20. Juli 2008) Videokameras das Geschehen aufzeichnen. Dies erinnert an das Jahr 2004, als die Stadt Biberach Gleiches im Sinne hatte und sich seinerzeit trotz vorheriger Intervention des Landesbeauftragten erst durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen von einer Videoüberwachung abhalten ließ. Wohl aufgrund der damals gemachten schlechten Erfahrungen mit dem Polizeirecht versucht die Stadt dieses Mal einen anderen Weg. Sie will das Festgelände auf dem Gigelberg einem „Verein zum Schutz des Brauchtums des Biberacher Schützenfestes e. V.“ überlassen und diesen verpflichten, „die zur Aufrechterhaltung von Recht und Sicherheit erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen“. Außerdem soll dem Verein während der Vertragsdauer das Hausrecht auf dem Festgelände zur alleinigen Ausübung übertragen werden.

Diese neue Konstellation hat für den Landesbeauftragten zunächst die Konsequenz, dass er für die datenschutzrechtliche Bewertung der Angelegenheit gar nicht zuständig ist. Denn sein Amt ist nur für die Kontrolle der Datenverarbeitung im öffentlichen Bereich verantwortlich; wenn es wie hier um eine Videoüberwachung durch einen Verein geht, liegt die Zuständigkeit bei der Aufsichtsbehörde für den nicht-öffentlichen Bereich, dem Innenministerium Baden-Württemberg. Dieses ist mittlerweile auch bereits mit der Angelegenheit befasst.

Für Peter Zimmermann ist der Vorgang jedoch Anlass, die Zulässigkeit von Videoüberwachungsmaßnahmen für polizeiliche Zwecke durch eine Übertragung des Hausrechts auf private Vereine generell in Frage zu stellen. „Für mich ist ein solches Vorgehen nichts anderes als eine rechtsmissbräuchliche Umgehung der gesetzlich vorgegebenen Datenschutzregeln. Wer zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben – und die Gefahrenabwehr ist eine solche – von dem öffentlichen Datenschutzrecht in das für den nicht-öffentlichen Bereich geltende Bundesdatenschutzgesetz ausweichen will, handelt in meinen Augen rechtswidrig.“ Im Übrigen sei es auch noch gar keine ausgemachte Sache, ob die Voraussetzungen des Bundesdatenschutzgesetzes für eine Videoüberwachung des Biberacher Schützenfestes überhaupt erfüllt wären.

Ohne der abschließenden datenschutzrechtlichen Bewertung durch das Innenministerium vorgreifen zu wollen, wandte sich der Landesbeauftragte wegen der grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Bedeutung der Angelegenheit gleichwohl an den Biberacher Oberbürgermeister und appellierte an diesen, dass sich die Stadt ihrer besonderen Verpflichtung als öffentlich-rechtliche Körperschaft bewusst sein solle, das Recht der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung angemessen zu beachten. Dem werde man am besten dadurch gerecht, dass bei der Durchführung öffentlicher Aufgaben auch die öffentlich-rechtlichen Spielregeln respektiert werden. Peter Zimmermann: „Ich habe den Oberbürgermeister deshalb gebeten, von der ab kommenden Freitag beabsichtigten Videoüberwachung des Biberacher Schützenfestes Abstand zu nehmen.“ Das Innenministerium hat der Landesbeauftragte gebeten, gegebenenfalls im Aufsichtswege dafür Sorge zu tragen, dass die geplante Videoüberwachung unterbleibt.

Fazit: Dem Choral zum Biberacher Schützenfest „Rund um mich her ist alles Freude“ vermag Peter Zimmermann (noch) nicht zuzustimmen. Er hoffe aber, dass sich diese Freude durch ein umsichtiges Vorgehen der Stadt Biberach noch einstellt.