Videoüberwachung durch öffentliche Stellen
Jeder Mensch hat das Recht, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen, ohne dass sein Verhalten permanent mit Hilfe von Kameras beobachtet oder aufgezeichnet wird. Videoüberwachungsmaßnahmen greifen daher in schwerwiegender Weise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen ein und sind nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
Die Videoüberwachung durch öffentliche Stellen ist in § 20a des Landesdatenschutzgesetzes (LDSG) geregelt. Hiernach kann eine Videobeobachtung im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder in Ausübung des Hausrechts zum Schutz von Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum von Personen, die sich im Bereich öffentlicher Einrichtungen, öffentlicher Verkehrsmittel, von Amtsgebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen öffentlicher Stellen aufhalten oder zum Schutz von Kulturgütern, öffentlichen Einrichtungen, öffentlichen Verkehrsmitteln, Amtsgebäuden und sonstigen baulichen Anlagen öffentlicher Stellen zulässig sein. Videoüberwachung kann beispielsweise in Betracht kommen zum Schutz von Verwaltungsgebäuden, von Feuerwachen, Schulen, Denkmalen, zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Benutzung von Wertstoffhöfen und Containerstandorten, zur Verhinderung illegaler Ablagerungen, zum Schutz von Fahrzeugen des Schienenverkehrs sowie von Kassenautomaten in den genannten Gebäuden. Videoüberwachungsmaßnahmen durch die Polizei richten sich nach § 21 des Polizeigesetzes oder anderen Spezialvorschriften, z.B. dem Versammlungsgesetz.
Videoüberwachungstechnik darf nur unter strikter Beachtung des Erforderlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eingesetzt werden. Voraussetzung ist, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das zu schützende Rechtsgut oder Objekt gefährdet ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Bloße Indizien reichen nicht aus. Entweder muss es in der Vergangenheit bereits zu entsprechenden Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung gekommen sein oder es müssen beweiskräftige Tatsachen dafür vorliegen, dass solche in Zukunft begangen werden sollen. Dass bestimmte Objekte erfahrungsgemäß häufig Gegenstand von Straftaten, insbesondere Sachbeschädigungen, sind, genügt nicht.
Im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit der Videoüberwachung ist des Weiteren zu prüfen, ob die Überwachung tatsächlich erforderlich ist oder der angestrebte Zweck auch durch mildere Maßnahmen erreicht werden kann, beispielsweise durch die nächtliche Beleuchtung eines Gebäudes/Gebäudeteils, den Einbau einer Schließanlage oder (häufigere) Kontrollen durch Aufsichts- oder Sicherheitspersonal. Ferner ist stets zu prüfen, ob die Videobeobachtung räumlich und/oder zeitlich eingegrenzt werden kann. So genügt es beispielsweise, die Videobeobachtung auf den Eingangsbereich eines Gebäudes oder auf die Nachtstunden zu beschränken, wenn es bisher nur an dieser Stelle oder zu dieser Zeit zu Sachbeschädigungen gekommen ist.
Bei Bejahung der Erforderlichkeit einer Videoüberwachung wäre zu prüfen, ob schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. In die Abwägung sind unterschiedliche Faktoren einzubeziehen. Eine wesentliche Rolle spielt die Art der geplanten Maßnahme, die überwachte Örtlichkeit und die Schwere des Eingriffs. Maßgebend für die rechtliche Beurteilung der Intensität eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist die Art der Beeinträchtigung. Insofern ist auch von Belang, ob die betroffenen Personen für die Maßnahme einen Anlass geben und wie dieser beschaffen ist. Verdachtslose Eingriffe mit großer Streubreite, bei denen zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, weisen grundsätzlich eine hohe Eingriffsintensität auf. Das bedeutet, dass das Persönlichkeitsrecht umso höher wiegt, je mehr Unbeteiligte von der Überwachungsmaßnahme betroffen sind und je länger sich die betroffenen Personen in dem überwachten Bereich aufhalten. Die Videoüberwachung besonders sensibler Örtlichkeiten (z. B. von Toiletten und Umkleidekabinen) ist grundsätzlich nicht zulässig.
Vor dem erstmaligen Einsatz von Videoüberwachungstechnik hat eine schriftliche Freigabe durch die verantwortliche Stelle zu erfolgen. In der schriftlichen Freigabe müssen gemäß § 20a Absatz 6 LDSG der Zweck der Videoüberwachung angegeben, weitere wesentliche Festlegungen für das Verfahren getroffen und das Ergebnis der Zulässigkeitsprüfung im Einzelnen dargelegt werden. Der Umstand der Videobeobachtung ist durch geeignete Maßnahmen kenntlich zu machen.
Auf den Tätigkeitsbericht 2011 (1. Teil, 2.1 – S. 18 ff.), den Tätigkeitsbereicht 2012/2013 (Beitrag 11.1.5) sowie die Gesetzesbegründung zu § 20a LDSG (LT-Drs. 14/7313) wird hingewiesen.