3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit 2020/2021 veröffentlicht

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Dr. Stefan Brink: „Zugang zu Informationen und Wissen sind elementar für eine demokratische Gesellschaft. Die Nützlichkeit und Glaubwürdigkeit einer Behörde steigen durch transparentes Handeln enorm. Bürger_innen sollten nicht mehr nach behördlichen Informationen fragen müssen, öffentliche Stellen sollten künftig proaktiv amtliche Informationen in einem online zugänglichen Transparenzportal zur Verfügung stellen.“

Landtagspräsidentin Muhterem Aras und LfDI Stefan Brink bei der Übergabe des Tätigkeitsberichts Informationsfreiheit 2020/2021

 

Das Amtsgeheimnis gibt es nicht mehr. Seit 6 Jahren können Bürger_innen von Behörden amtliche Informationen erhalten –in dem sie einfach danach fragen. Das können sie formlos, ohne Angaben von Gründen, anonym und zumeist kostenfrei. Das Landesinformationsfreiheitsgesetzes (LIFG) aus dem Jahr 2016 bietet hierfür die Grundlage.

Dennoch ist es nach wie vor für viele Bürger_innen nicht leicht, an die gewünschten Behördeninformationen heranzukommen: zahlreiche Ausnahmen bei der Pflicht zur Auskunft, zu hohe Kosten zu Lasten der anfragenden Person, zu komplizierte Verfahren. Wie es aktuell um den Zugang zu amtlichen Informationen steht, berichtete der Landesbeauftragte in seinem heute (7.3.) veröffentlichten Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit 2020/2021. Alle zwei Jahre zieht er mit seinem Bericht Bilanz und zeigt anhand von gesellschaftlichen Entwicklungen, Fallbeispielen und exemplarischen Gerichtsentscheidungen, wie offen Behörden für Bürger_innen tatsächlich sind – und wo auskunftspflichtige Stellen besser sein könnten.

Eigentlich ist klar: Jede_r Bürger_in sollte jede amtliche Information unverzüglich und kostenlos von jeder Behörde des Landes und jeder Kommune erhalten. Denn der Informationszugang ist ein Grundrecht – Art. 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes sagt: „Jeder hat das Recht […] sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“. Amtliche Informationen sind allgemein zugängliche Quellen.

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Dr. Stefan Brink: „Zugang zu Informationen und Wissen sind elementar für eine demokratische Gesellschaft. Die Nützlichkeit und Glaubwürdigkeit einer Behörde steigen durch transparentes Handeln enorm. Bürger_innen sollten nicht mehr nach Informationen fragen müssen, öffentliche Stellen sollten künftig proaktiv amtliche Informationen in einem online zugänglichen Transparenzportal zur Verfügung stellen.“

Die Landesregierung hat im vergangenen Jahr beschlossen, das LIFG zu einem Transparenzgesetz weiterzuentwickeln. Dies ist für den Landesbeauftragten Brink eine gute und wichtige Entscheidung zur Stärkung der Bürger_innenrechte. Auch wenn andere Länder bereits ein solches Gesetz haben, handele die Landesregierung mit dieser Entscheidung „fortschrittlich, weil ein Transparenzgesetz eine wirkliche Verbesserung des Status quo in Baden-Württemberg bedeutet“, so der Landesbeauftragte Brink. Wie das Gesetz konkret ausgestaltet wird, ist aktuell aber noch unklar.

Derzeit befasst sich das Innenministerium mit der Vorbereitung einer Evaluation LIFG. Diese Evaluation, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bereits im vergangenen Jahr erfolgen sollte, lässt noch auf sich warten. Der Landesbeauftragte selbst hat bereits im vergangenen Jahr seine Evaluation vorgelegt.

Bürger_innen wollen informiert sein

Grundsätzlich ist jede Bürgeranfrage an eine Behörde eine Anfrage nach dem LIFG. Wie viele LIFG Anfragen bei öffentlichen Stellen insgesamt eingehen und beantwortet werden, ist somit kaum zu erfassen. Viele öffentliche Stellen leisten insoweit auch sehr guten Bürgerservice, so etwa Städte wie Ulm, Karlsruhe, Freiburg, Heidelberg und Mannheim. Offenkundig gibt es aber für auskunftspflichtige Stellen einfache und weniger einfache Anfragen, wie jene nach Protokollen von nicht-öffentlichen kommunalen Ratssitzungen.

Seit dem es das LIFG gibt, hat sich die Zahl der Vermittlungsanfragen beim Landesbeauftragen knapp verdreifacht. Waren es im Jahr 2016 noch rund 64 Beratungs- und Vermittlungsanfragen, so waren es im Jahr 2020 über 180 und im Jahr 2021 über 170 Anfragen.

Die meisten davon, rund 70 Prozent, bezogen sich in den vergangen beiden Jahren auf Ereignisse ‚vor der Haustür‘ der Bürger_innen, in Kommunen, Landratsämter, Schulen und Regierungspräsidien. Bürger_innen interessieren sich seit 2020 besonders für Informationen zu Corona-Maßnahmen und Fallzahlen. Aufgrund zahlreicher Anfragen hierzu hat der Landesbeauftragte bereits Anfang des vergangenen Jahres mit einer übersichtlichen Handreichung für Bürger_innen und öffentliche Stellen unterstützend reagiert.

Immer interessant für Bürger_innen sind Informationen zum Thema Bauen, vom Nachbarhaus bis zur Bauleitplanung. Ebenfalls ist die Verwendung von öffentlichen Geldern bedeutsam für Personen, die LIFG-Anträge stellen. Hierbei geht es um Haushaltsfragen und die Vergabe von Projekten.

Eine für den Außenbetrachter durchaus amüsante LIFG-Anfrage richtete sich an den Karlsruher Zoo – sie betraf das Zuchtbuch für Orang-Utans. Die antragstellende Person wollte Informationen über den Verwandtschaftsgrad zweier Orang-Utans, die in unterschiedlichen Zoos untergebracht waren. Der Karlsruher Zoo ist als Teil der Stadt informationspflichtig. Somit war die Anfrage zu beantworten, jetzt wissen wir mehr über die Affen.

Die LIFG-Anfragen sind eben sehr vielfältig. Neben der Unterstützung für Bürger_innen berät der Landesbeauftrage die öffentlichen Stellen des Landes. Wesentlich sind hier Verfahrens- und Auslegungsfragen des LIFG.

Insgesamt ist der Zugang zu amtlichen Informationen weitreichend, aber nicht grenzenlos. Wer etwa die Akte von seinem Nachbarn beim Sozialamt einsehen will, der wird diese Information auch nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz nicht bekommen (es sei denn, der Nachbar stimmt zu).

Transparenzportal entlastet Städte und Gemeinden

Insgesamt ist für den Landesbeauftragten erkennbar, dass die Bürger_innenanfragen an öffentliche Stellen immer wichtiger werden. Gerade in Zeiten von Fake News und „alternativen Fakten“ sind verlässliche Informationen aus öffentlicher Hand besonders gefragt. Viele Bürger_innen nutzen dabei nicht nur den direkten Weg zu einer öffentlichen Stelle, um Informationen abzufragen, sondern auch das Portal „FragdenStaat“. Allein dieses Portal hat in den vergangenen 10 Jahren rund 200.000 LIFG-Anfragen auf ihren Seiten unterstützt und gesammelt.

Der Landesbeauftragte Brink: „FragdenStaat leistet ausgezeichnete Arbeit, bringt oftmals dann Licht ins Dunkel, wenn das anderen nicht mehr gelingt. Aber dieses herausragende Projekt ersetzt die Transparenzbemühungen staatlicher Stellen nicht. Menschen wollen Informationen. Sie werden in Zukunft mehr und nicht weniger Informationen von ihrem Staat erwarten. Wenn die Landesregierung zu diesem Zweck ein Transparenzportal im Internet einrichten würde, in welches Städte und Gemeinden ihre Informationen einpflegen können, wäre das eine große Hilfe für die Bürgerschaft und eine Entlastung für die Kommunen. Denn an sie richten sich die meisten Anfragen. Sie müssen Kapazitäten und Ressourcen bereitstellen, um die stetig steigende Zahl der Anfragen zu bearbeiten. Ein von der Landesregierung zentral eingerichtetes Portal würde lokalen Behörden wirksam helfen. Wir unterstützen mit ganzer Kraft eine solche Entwicklung.“

Social Media: Informationen müssen ohne Schranken zur Verfügung stehen

Auch Social Media nimmt bei der Informationsarbeit öffentlicher Stellen eine wichtige Rolle ein. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, dann auch so kann der Staat aktuell und bürgernah über seine Arbeit berichten. Allerdings müssen die Behörden ihre Informationen den Bürger_innen zur Verfügung stellen, dass sie nicht auf gewerbliche Plattformen gedrängt werden, die auf rechtlich sehr heikle Weise deren personenbezogene Daten verwerten. Öffentliche Stellen sind dann nämlich gemeinsam mit dem Anbieter etwa für ihre Facebook-Fanpages verantwortlich und rechenschaftspflichtig. Daher ruft der Landesbeauftragte Brink öffentliche Stellen auf, auf alternative Social-Kanäle zu setzen – wie etwa auf Mastodon (Twitter-Alternative) oder PeerTube (YouTube-Alternative).

Gerade aus Sicht der Informationsfreiheit sind Social-Media-Kanäle, die ohne Einschränkung Zugang zu amtlichen Informationen ermöglichen, das Mittel der Wahl. Denn auch hier gilt: Der Zugang zu amtlichen Informationen ist ein Grundrecht. Und die Ausübung der Grundrechte darf nicht davon abhängen, dass man einem gewerblichen Unternehmen seine persönlichen Daten preisgibt.

LfDI Brink: „Alternative Social-Media, die datenschutzkonform arbeiten, sind ein gutes Instrument der Informationsfreiheit. Sie können von öffentlichen Stellen genutzt werden, wenn sie digital und direkt mit Bürger_innen kommunizieren wollen.“

Weitere Informationen:
Der 3. Tätigkeitsbericht Informationsfreiheit: https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/tatigkeitsbericht/

Für Rückfragen erreichen Sie uns unter der Telefonnummer
0711/615541-23 und per E-Mail: pressestelle@lfdi.bwl.de

Weitere Informationen zu Datenschutz und Informationsfreiheit finden Sie im Internet unter www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de oder unter www.datenschutz.de.