Jetzt Online: Handreichung für Hochschulen zu Online-Prüfungen

LfDI Brink: „Wenn ein Professor im Prüfungssaal Studierende im Auge behält, ist es etwas anderes als eine Software, die über die Webcam dem Studierenden direkt in die Augen sieht und im Zweifel jede Regung wahrnehmen kann. Mit unserer Handreichung bieten wir Unterstützung an für die Organisation von Online-Prüfungen. Sie dient Hochschulen und Studierenden und setzt einen Standard.“

Immer mehr Hochschulen nutzen die Möglichkeiten, Prüfungen online durchzuführen. Die Digitalisierung kommt an den Hochschulen auch aufgrund der Nachfrage der Studierenden nach flexiblen Prüfungsmöglichkeiten voran. Vor allem aber hat sie pandemiebedingt im vergangenen Jahr einen deutlichen Schub erhalten, da Präsenzveranstaltungen nur noch sehr eingeschränkt möglich waren.

Alle diese Prüfungen stehen unter dem Gebot der Chancengleichheit und Fairness; sie müssen jedoch als online-Verfahren, die teilweile erheblich in die räumliche und technische Privatsphäre der Studierenden eingreifen, auch allen datenschutzrechtlichen Anforderungen genügen.

Keineswegs alle durchgeführten online-Prüfungen genügen diesen gesetzlichen Anforderungen – obwohl mit dem novellierten Landes-Hochschulgesetz (LHG) klare Vorgaben gemacht wurden. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg Dr. Stefan Brink hat seit dem verstärkten Einsatz von Online-Tools zu Prüfungszwecken zahlreiche Hinweise und Beschwerden erhalten, dass mitunter Software und Prüfungsregeln angewandt werden, die zu sehr in die Rechte von Studierenden eingreifen.

LfDI Brink: „Wir haben gesehen, dass Studierende erheblich unter Druck geraten: Sie wollen ihren Abschluss auch in der Pandemie zeitnah erreichen und unterziehen sich dafür online-Prüfungsverfahren, die extrem belastend sein können. Dauerhafte Kontrolle von Studierenden in Prüfungssituationen durch technische Tools, die zu stark ins Private gehen, ist nicht akzeptabel. Und nach der Datenschutz-Grundverordnung und dem LHG auch nicht zulässig.“

Der Landesbeauftragte verstehe durchaus die Hochschulen, die auch bei Online-Prüfungen Betrugsversuche unterbinden müssen. LfDI Brink: „Natürlich müssen Prüfungssituationen einheitlich und fair organisiert werden. Auch müssen die Prüfungen, wenn immer nötig, beaufsichtigt werden. Wir stehen daher mit Hochschulen, den Studierenden und ihren Vertretungen und dem Wissenschaftsministerium im Gespräch und beraten bei der Suche nach passgenauen, datenschutzkonformen Lösungen. Wir werden aber weiterhin darauf achten, dass die Bürgerrechte der Studierenden gewahrt werden. Sie müssen ihre Rechte nicht aufgeben, um zeitnah an einer Prüfung teilnehmen zu können.“

Die jetzt veröffentlichte Handreichung formuliert übersichtlich Eckpunkte, die zu beachten sind. Sie steht auf der Homepage des Landesbeauftragten zum download bereit.

So stellt der Landesbeauftrage Brink unter anderem klar, dass Aufzeichnungen und Screenshots von Prüfungen verboten sind. Hochschulen dürfen nicht verlangen, dass Studierende zu Kontrollzwecken einen Kameraschwenk durch ihr Studierendenzimmer machen. Textentwürfe der Teilnehmenden an den Prüfungen bleiben geschützt – der „Denkprozess“ der Studierenden soll unüberwacht sein. Jede individuelle Überwachungsmaßnahme, zum Beispiel das Aufrufen eines Einzelbildes des Prüflings, muss diesem auch optisch angezeigt werden. Besonders eingriffsintensive Tools von Videokonferenz-Systemen, wie das Aufmerksamkeits-Tracking und Tracking von Augen-, Kopf- und Körperbewegungen sind nicht erlaubt. Die Videoaufsicht selbst ist zulässig. Der Einsatz von Software, die den Rechner des Prüflings scannt und unverhältnismäßig in die Vertraulichkeit und Integrität dieses IT-Systems eingreift (diese ist seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2008 als Grundrecht geschützt), ist aber unzulässig.

Die Handreichung ist das Ergebnis von zahlreichen Gesprächen, die der Landesbeauftragte mit Hochschulvertretungen und dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg geführt hat, einer Hochschul-Umfrage sowie Beschwerden von Studierenden und ihrer Vertretungen. Diese Handreichung wird mit den betroffenen Gruppen und Institutionen weiterentwickelt werden.

Weitere Informationen:

Die Handreichung finden Sie hier: https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/handreichung-zu-online-pruefungen-an-hochschulen/

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